Bauverein der Kirche am Hohenzollernplatz - Startseite

Kirche: Baugeschichte

Die Kirche wird gebaut

Wie lieb sind mir deine Wohnungen, Herr Zebaoth!
Meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen des Herrn;
mein Leib und meine Seele freuen sich in dem lebendigen Gott.
Wohl denen, die in deinem Hause wohnen,
die loben dich immerdar.
Psalm 84,2.3.5

"Wehe dem Baumeister, der beim Bau eines Gotteshauses, der höchsten Aufgabe, nicht in leidenschaftliche Begeisterung gerät, er sollte lieber nicht mehr 'Baumeister' sein!" (Höger, in: Sakraler Backsteinbau)

Aus dem "Eisenacher Regulativ für den Evangelischen Kirchenbau" von 1861, zit. n. Wolfgang Herbst:

In der Bauphase
  1. Jede Kirche sollte nach alter Sitte orientiert, d. h. so angelegt werden, daß ihr Altarraum gegen den Sonnenaufgang liegt.
  2. Die dem evangelischen Gottesdienst angemessenste Grundform der Kirche ist ein längliches Viereck … Eine Ausladung im Osten für den Altarraum (Apsis, Tribüne, Chor) …
  3. Die Würde des christlichen Kirchenbaus fordert Anschluß an einen der geschichtlich entwickelten christlichen Baustyle und empfiehlt in der Grundform des länglichen Vierecks neben der altchchristlichen Basilika und der sogenannten romanischen (vorgothischen) Bauart vorzugsweise den sogenannten germanischen (gothischen) Styl.
  4. Die Wahl des Bausystems für den einzelnen Fall sollte aber nicht sowohl dem individuellen Kunstgeschmack der Bauenden als dem vorwiegenden Charakter der jeweiligen Bauweise der Landesgegend folgen ….
  5. Ebenso müssen die einzelnen Bestandtheile des Bauwesens in seiner inneren Einrichtung, von dem Altar und seinen Gefäßen bis herab zum Gestühl und Geräthe namentlich auch die Orgel, dem Styl der Kirche entsprechen.
  6. Der Haupteingang zur Kirche steht am angemesssensten in der Mitte der westlichen Schmalseite, so daß von ihm bis nach dem Altar sich die Längenaxe der Kirche erstreckt.
  7. Der Altarraum  (Chor) ist um mehrere Stufen über den Boden des Kirchenschiffs zu erhöhen. … Auch dürfen keine Schranken den Altarraum von dem Kirchenschiffe trennen.
  8. Der Altar mag je nach liturgischem und akustischem Bedürfniß mehr nach vorne oder rückwärts, zwischen Chorbogen und Hinterwand … aufgestellt werden. Eine Stufe höher als der Chorboden, muß er Schranken, auch eine Vorrichtung zum Knieen für die Confirmanden, Communikanten, Kopulanden u.s.w. haben. Den Altar hat als solchen … ein Crucifix zu bezeichnen, und wenn …, so hat das etwa damit verbundene Bildwerk, Relief oder Gemälde, stets nur eine der Hauptthatsachen des Heils darzustellen.
  9. Der Taufstein … Da wo die Taufen vor versammelter Gemeinde vollzogen werden, ist seine geeignetste Stellung vor dem Auftritt in den Altarraum.
  10. Die Kanzel … Ihre richtige Stellung ist da,  wo Chor und Schiff zusammenstoßen, an einem Pfeiler des Chorbogens nach außen (dem Schiffe zu) … Die Höhe der Kanzel hängt wesentlich von derjenigen der Emporen ab, und ist überhaupt möglichst gering anzunehmen, um den Prediger auf und unter den Emporen sichtbar zu machen.
  11. Die Orgel, bei welcher auch der Vorsänger mit dem Sängerchor seinen Platz haben muß, findet ihren natürlichen Ort dem Altar gegenüber am Westende der Kirche auf einer Empore über dem Haupteingang, dessen perspektivischer Blick auf Schiff und Chor jedoch nicht durch das Emporengebälke beeinträchtigt werden darf.
  12. Die Sitze der Gemeinde (Kirchenstühle) sind möglichst so zu beschaffen, daß von ihnen aus Altar und Kanzel zugleich während des ganzen Gottesdienstes gesehen werden können.
  13. Vor den Stufen des Chors ist angemessener Raum frei zu lassen. Auch ist je nach dem gottesdienstlichen Bedürfniß ein breiter Gang mitten durch das Gestühl des Schiffes nach dem Haupteingange zu … anzulegen.
  14. Die Kirche bedarf einer Sakristei nicht als Einbau, sondern als Anbau, neben dem Chor, geräumig, hell, trocken, heizbar, von kirchenwürdiger Anlage und Ausstattung.
  15. Vorstehende Grundsätze für den evangelischen Kirchenbau sind von den kirchlichen Behörden auf jeder Stufe geltend zu machen, den Bauherren rechtzeitig zur Kenntniß zu bringen und der kirchenregimentlichen Prüfung, beziehungsweise Berichtigung, welcher sämtliche Baurisse unterstellt werden müssen, zu Grunde zu legen.

Ganz anders dagegen formulierte das Wiesbadener Programm für den Kirchenbau von 1891, das sich als ein Alternativprogramm verstand. So heißt es da unter Punkt 1: "Die Kirche soll im allgemeinen das Gepräge eines Versammlungshauses der feiernden Gemeinde, nicht dasjenige eines Gotteshauses im katholischen Sinne an sich tragen."

Höger war ein eher konservativer Baumeister, dem die Idee eines Domes, eines klassischen Kirchbaus im "gotischen" Stil näher lag als Reformideen, wenn auch der Gemeindesaal unter der Kirche symbolisch gedeutet werden kann: die Gemeinde trägt den ganzen Bau. Jedenfalls konnte Höger die Mehrheit im Gemeindekirchenrat Wilmersdorfs mit seinen Vorstellungen überzeugen.

Eine Kirche zu bauen ist wohl immer eine besondere Herausforderung für einen Architekten.

Der Turm – 66 Meter hoch

Der Tempel in Jerusalem war für viele Kirchbauten unausgesprochen ein Vorbild, an dem man sich orientieren konnte, in Zustimmung oder auch Abgrenzung. Zu seiner Zeit war der Tempel des Herodes ein Bauwerk, das überragend im wahren Sinn des Wortes war und die Menschen zum Staunen führte. Einen Nachhall darauf, kann man sehr schön noch im Evangelium bei Markus lesen. Da heißt es: "Als Jesus den Tempel verliess, sagte einer seiner Jünger zu ihm: "Meister, was für Steine und was für ein Bauwerk!" (Mk 13,1)

In dem ihm eigenen Selbstbewusstsein formulierte Höger nachträglich (1933): "Eine evangelische Kirche galt es zu bauen … . - eine Kirche, für die es genau so wenig ein Vorbild gab, wie für mein Chilehaus."  Das stimmt natürlich in der Sache nicht, da Höger um die Architekturgeschichte des Kirchbaus gewusst haben dürfte. Wie sich zeigen lässt, hat er viele Elemente und Aspekte des Tempel- und Kirchbaus zitiert, auch theologische Aussagen hat er in architektonischen Formen Gestalt finden lassen. Ja, bis in kleinste Details auch im Inneren (Taufbecken, Gestaltung des Altarkreuzes und der -leuchter) hat er seinen "Dom" durchkomponiert. Vielleicht hat er deswegen "sich selbst nie zu kirchenbautheoretischen Fragen geäußert, geschweige denn eigene Leitbilder entwickelt" (Jahn, 40, Anm. 199) weil er sie in diesem Kirchbau umgesetzt hat. Jedenfalls war er in seiner Konzeption – und damit auch der des Gemeindekirchenrats – wohl eher von den traditionellen Vorstellungen des  Eisenacher Regulativs als den kirchenreformerischen Ideen geprägt. Natürlich wurden auch die Vorstellungen zum Kirchbau von Architekten und Liturgen hin und her diskutiert.

Der 3. Evangelische Kirchenbaukongress in Magdeburg 1928 empfahl den Altar als Hauptort und Ziel der Anlage herauszustellen, um seine Funktion zu betonen, zugleich aber sollte die bauliche Gestalt der Kirche ein neues Bewusstsein ausdrücken, das nicht mehr nur von der Predigt her dachte, sondern von der Kirche als dem Versammlungshaus der Gemeinde wieder mehr zu einer umfassenden Sakralität beitragen sollte. Die allen Überlegungen gemeinsame Vision war eine Kirche als Gesamtkunstwerk, das die architektonischen und künstlerischen Elemente mit der Versammlung der Gläubigen verband. "Auch für Höger galt, dass eine Kirche eine Seele haben muss, die die Menschen-Seelen anzieht, zu sich reißt, zur Andacht zwingt."[1]

Am 31. Mai 1929 beantragt Höger die generelle Vorgenehmigung des Projekts bei der Baupolizei. Im Juli 1930 beginnen die Erd- und Fundamentarbeiten und am 30. September findet die feierliche Grundsteinlegung – der Grundstein findet sich im Vestibül des Großen Gemeindesaals – statt. Der Bauschein wird allerdings erst am 10. Dezember 1930 erteilt.

Grundstein, 30. September 1930

Im Juli/August 1931 beginnen die Innenarbeiten in der Kirche. Die Rohbauabnahme der Kirche wird am 12. Februar 1932 durchgeführt. Die Gebrauchsabnahme ist protokollarisch für den 9. März 1933 festgehalten. Schon dabei werden Mängel benannt, die den Bau noch Jahrzehnte später belasten: die einfachen Fenster im Gemeindesaal, die auf den Einsparwillen des Gemeindekirchenrats zurückzuführen sind, sowie ein nicht völlig abtrocknender Raum unter der großen Außentreppe.

Höger entwirft die Kirche auf dem verwinkelten Grundstück (2447 qm), das nicht einfach zu bebauen war. Er nimmt die Situation des damaligen Hohenzollernplatzes ernst, gliedert seine Kirche als (dominante) Randbebauung, wobei das Gemeindehaus als ein Querriegel und das Pfarrhaus in der Nassauischen Straße zu stehen kommen. Es entsteht ein herausragendes Bauwerk, das in der Grundfläche des Hauptraumes (40 m inklusive Altarraum; 14 m breit, ca. 20 m hoch) etwa die Maße des salomonischen Tempels (ca. 40 m lang inklusive Vorhalle; über 10 m breit; ca. 18 m hoch) aufnimmt.[2]

Der Turm kommt nach unterschiedlichen Überlegungen schließlich an den Sichtachsen vo Fasanen- und Nikolsburger Straße, von Hohenzollerndamm und Düsseldorfer Straße sowie der Nassauischen Straße zu stehen. Er überragt mit seiner Höhe von 66 m (inklusive Kreuz), von unten bis oben leicht konisch gemauert, die umliegenden Häuser, die nach Berliner Traufhöhe 22 m hoch sind. Dieses Höhenmaß nimmt der Architekt im Inneren der Kirche auf, die außen durch den darunterliegenden Gemeindesaal höher wird (ca. 28 m).

Zunächst wurden die 13 Eisenbetonbinder, die das Geheimnis der Statik des Baus sind, gegossen. Das Schalholz wurde mit Zahnspachteln bearbeitet, so dass sich beim Guss eine Maserung des Betons ergab. Dieses konstruktive Element macht Höger im Inneren der Kirche zu einem dominanten Merkmal, denn es erzeugt den Eindruck von Spanten eines umgedrehten Schiffsrumpfes. Durch die abgetreppten Seitendächer, die nur wenig geneigt sind, erzeugen die Lisenen, das sind die senkrecht aufgemauerten Pfeiler, von unten betrachtet, den Eindruck von Zinnen. Der oberste Teil der Mauer ist mit runden "Augen Gottes"-Fenstern versehen, die mit Entlastungsbögen überfangen sind.

Das grüne Kupferdach ist als bewusster Kontrast zu den Klinkern (Raste – der Handstrich – Klinker in der Farbsortierung "blau und mildblau" zur Platzseite sowie Bockhorner Maschinenklinker "Chausseeblau" für die Südseite) gesetzt. Schon von außen ist der Bau beeindruckend. Höger selbst schrieb mit großer Liebe – und dem ihm eigenen Selbstbewusstsein –, in der Sache zwar zu seinem Chilehaus, aber ähnlich war seine Auffassung für diese Kirche: "Zu der gewaltigen körperlichen Dynamik und zu der Wucht der Großkonstruktion, die zusammen wohl die Kühnheit des Werkes ausdrücken mögen, gesellt sich noch ein ganz anderes, was wohl als Verinnerlichung in seiner stillen Weise anmuten möchte, als Hergabe letzter Liebe, des letzten Tropfens Herzblutes – das ist alles, was sich hier dartut, das handwerkliche, plastische, ornamentale Klinkermauerwerk in seinen schier millionenfältig wiederkehrenden zierlichen Einheiten. Durch diesen ganz feinen Maßstab und das vielfältige Spiel von Licht und Schatten, Halbschatten und Reflexen, immer wiederum unfassbar, durch die Vielheiten von Feinheiten, das ist es, was dem Bau seinen inneren feinen Maßstab gibt. Der aber nicht nur in nächster Nähe zu wirken beginnt, sondern schon in einigen hundert Metern Entfernung. Durch diesen feinen Maßstab gewinnt der Riesenbau nochmals gewaltige Steigerung seiner Größe. Diese Größe ist dann aber eigentlich keine messbare, keine Raumgröße mehr, sondern ist Übergang zu der ganz anderen Größe, die so manch anderen Werken fehlt. In dieser Spanne zwischen der Großwirkung (man könnte auch sagen: der Fernwirkung) des Werkes und der innigen Liebe, die aus den Poren des Gemäuers raunt, ist begründet allergrößte Monumentalität."[3]

"Bei meinem Bau überschneidet sich alles, und alles ist Einheit, so ist Technisch-Konstruktives gleichzeitig architektonischer Ausdruck, es ist das eine nicht von anderen zu trennen. … Der künstlerische Teil ist ja eigentlich gar kein Teil nur, sondern ist das Ganze und ich nenne den künstlerischen Teil auch nicht gern Architektur, denn Architektur klingt mir gar zu sehr nach 'vorn fix, und hinten nix'. Wir Baumeister, sofern wir überhaupt 'Baukünstler' sind, sollten doch ein für allemal unser Werk dreidimensional (körperlich) sehen, das ist es ja gerade, was uns vom Maler (dem Zweidimensionalen) unterscheidet. … Für uns Architekten (lieber sprich – Bau-Meister) ist doch der erste Ausdruckswert bis hin zu Licht- und Reflexwert, über Klinker hin zum Glas. … Denn die Lichtseite des Baukörpers verhält sich da ganz anders als die dem Wetter abgekehrte Front."[4]

"Engt ist die Pforte …"

Aufgemauert wurde die Kirche z. T. im "Märkischen Verband" (zwei Läuferflächen und dann eine Kopffläche der Steine), z. T. im Blockverband (abwechselnd eine Läufer- und eine Kopffläche), wodurch ein filigranes Muster entsteht. Die Originalfugen sind abgeschrägt, fördern so das Abfließen des Regenwassers und erzeugen einen Schatteneffekt. Einzelne Steine sind als Vorboten des Innenraums mit Goldflächen versehen. Das Gold setzt Höger verstärkt im Eingangsbereich ein. Dort sind die Lagerfugen mit kleinen Goldsteinen belegt. Dafür wurden 1200 m dieser Goldfugensteine hergestellt. Mit diesen Steinen wird auch die Rollschicht um das spitzbogige Portal, bei dem die Klinker als Bogensteine gemauert wurden, verfugt.

Betrachtet man die Westseite der Kirche, ergibt sich: Die runde Treppe – ursprünglich wohl mit 24 Stufen – führt in eine offene Vorhalle, deren Tympanonfeld und Seitenflächen neben dem Portal mit einer Kreuzmotivik in Mosaik den Besucher einstimmen. Es ist im übrigen ein altes Motiv (schon bei den Ägyptern nachweisbar), dass man sich dem Heiligtum aufsteigend nähern muss. Von weitem betrachtet, wirkt die Westfront unproportioniert. Das Portal wirkt zu eng im Verhältnis zur Gesamtfläche, die mit einem großen goldenen Kreuz – ein Hinweis auf das Kreuz über dem Altar – geschmückt ist. So wird architektonisch ausgeführt, was bei Matthäus theologisch benannt wird: "Eng ist die Pforte und schmal der Weg, der zum Leben führt." (Mt 7,14) Umso überwältigender ist der Raumeindruck der Weite, wenn man die Kirche betritt.

Die in den beiden Treppentürmen vorgezogenen Seitenwände, eine Erinnerung vielleicht an Jachin und Boas, die beiden Säulen vor dem salomonischen Tempel (vgl. 1. Könige 7, 15 – 22), oder auch an vorgezogene Türme von Wehrkirchen. Gegliedert wird der Bau durch die 13 aus Eisenbeton gegossenen, mit dem Zahneisen bearbeiteten gotisierenden (Spitzbogen-) Binder, die ursprünglich wohl in der Form von Parabel- bzw. Rundbögen geplant waren die den GKR aber zu sehr an Industriearchitektur erinnerten. Durch das Prinzip der 13 Binder werden im Kirchenraum zwölf Segmente geschaffen, gemäß der Zahl der Stämme Israels und der zwölf Apostel. Das Zwölfermotiv fand sich auch im ursprünglichen Mosaik der Stirnseite des Altars, heute noch an den (originalen) Seitenwangen des Altars sowie im großen Altarkreuz. Der Altarraum selbst wird durch die türkisblauen Glasurkeramikfliesen zum symbolisch-himmlischen Ort der Gegenwart Gottes, der durch die Höhe grenzenlos zu sein scheint. Auf diesen Raum hin ist die Kirche orientiert. Er eröffnet dem Blick des Hineinkommenden vom Eingang her Weite. Heute unterstützt durch die blaue Farbgebung der oberen Binderregionen, mit Blau als himmlische Farbe waren schon die Decken in altägyptischen Tempeln bemalt.

Höger hat den Abstand der Binder so bemessen, dass ihnen jeweils 3 Bankreihen zugeordnet werden konnten. ebenso strukturieren drei Fensterbänder jedes Segment. So wurde ein theologisches Grundmotiv: der symbolische Verweis auf die Dreieinigkeit Gottes, Vater und Sohn und Heiliger Geist (vestigium trinitatis) schon im Kirchraum sichtbar und dann besonders betont in den 3 Fensterbändern des Altarraums, die aus Sicht der Gemeinde in der Höhe nicht begrenzt wirken, da sie in ein Oberlichtfenster übergehen, das im südlichen Dach angebracht war, heute nach Osten ausgerichtet ist. Das ursprüngliche Altarfenster, das hauptsächlich rot, grau, blau in rechteckigen  Mosaikgläsern gestaltet war, war mit den Symbolen der Evangelisten (Engel bzw. Mensch für Matthäus; Löwe für Markus; Stier für Lukas; Adler für Johannes sowie oben links und rechts neben dem senkrechten Kreuzesstamm mit dem A und dem O) versehen. Die Idee dazu hatte Wichmann. Das heutige Altarfenster wurde von Sigmund Hahn (1962) entworfen. Es trägt den Titel: "Vor Dich treten und Dir danken, bevor die Sonne aufgeht."

Die Längenwirkung der Kirche mit ihren knapp 40 Metern wird noch erhöht durch die gelben Klinkerbänder (ca. 40 cm breit), die den Mittelgang der Kirche markieren. Dieser Gang ist durch eingelegte gelbe Klinkersteine als Kreuzweg (im Krieg beschädigt; ursprünglich wohl 24 Kreuze – vgl. dazu die 24 Ältesten aus dem Buch der Offenbarung, Kapitel 4 Vers 4) ausgeführt. Schon bald nach Übernahme der Kirche durch die Gemeinde wurde hier ein Läufer gelegt, ebenso auf die Stufen zum Altarraum. Da früher das Abendmahl auf Kniekissen im Altarraum empfangen wurde, brachte man wohl nach der Wiederindienstnahme neben den Stufen einen schmiedeeisernen Handlauf an, der so nicht den Vorstellungen des Architekten entsprochen hätte. Seine Idee dazu kann man am Handlauf zum Großen Gemeindesaal sehr schön studieren.

Geplant war in ersten Studien, auch um die Platzzahl von 1.000 zu erreichen eine umlaufende Empore. Darauf verzichtete man, nachdem Höger die Sitze auf 2 Emporen in der gewünschten Zahl ermöglichen konnte. Kamphausen schreibt: "Es ist viel Überlegtheit in der Wilmersdorfer Kirche. Schon wenn das Sockelgeschoß den Gemeindesaal aufnimmt, weil es diesen andernorts nicht gab, wird es dahin gedeutet, dass die Gemeinde die Kirche trägt. Durch diesen architektonisch deshalb nicht verschleierten, sondern herausgezogenenen Gemeindesaal und die ihm verbundenen notwendigen Vorräume hat die Kirche einen Unterbau gewonnen, der ihrer Hochstellung zugute kommt, ohne dass sie hyperbolisch wird. Die Seitenansicht der Kirche ist dann nicht durch das Aufbrechen der Umwandung mittels großer Fenster bestimmt, was das Beschlossensein des Innen- und Außenraumes zerstört hätte, sondern es ist ein Ablauf im gleichförmigen Wechsel von lotrechten Steinbändern und tieferliegenden Glasbändern. Höger selbst sprach dieses Leistenwerk sehr treffend als zweifädiges Gewebe an: "Die verhaltene Ruhe und besagte Feinfädigkeit im schlichten Rhythmus, die unzählbar sich wiederholenden Gewebeeinheiten (Lisenen – Fenster), beide ganz schlicht und unaufwendig, beide ganz schmal nur im Ganzen aufgehend, aber senkrecht wie der Turm himmelweisend."[5]

Am 19. März 1933, dem Sonntag Oculi, finden unter großer Beteiligung der Gemeinde die Einweihungsgottesdienste und Festveranstaltungen statt. Auf seinen Bau ist der Baumeister zutiefst stolz. "In einem Vortrag am 16. März 1934 zieht Höger Parallelen, er spricht von deutschen Domen und nennt drei, den zu Speyer aus dem elften, die herrliche Backsteinkirche von Jerichow aus dem zwölften Jahrhundert und – seine Wilmersdorfer Kirche von 1930."[6] Dementsprechend konnte sich Höger als Namen vorstellen: "Offenbarungskirche oder Dom der Erlösung oder Auferstehungskirche, so sollte man diese meine Kirche taufen. … Ich könnte mir auch denken Dom des deutschen Frühlings."[7]

Trennlinie

 

[1] Carolin Jahn, Die Kirche am Hohenzollernplatz von Fritz Höger (1930–33), Berlin 2002 (unveröffentlicht, Masch.schr. Magisterarbeit der TU Berlin), S. 43

[2] vgl. dazu Zwickel, insbesondere Tafel 5 und S. 70–75

[3] Höger, Chilehaus, S. 90

[4] ebd.., S. 93

[5] Kamphausen, S. 34

[6] ebd., S. 36

[7] Deutsche Bauzeitung 1933, Nr. 29, S. 289

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